Stets kritisch

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Dienstag, 25. Februar 2014

Familienfreundlich ins Krisengebiet? Arabischer Frühling ist nicht im Sauerland!

Familienfreundlich ins Krisengebiet? Arabischer Frühling ist nicht im Sauerland!
- von Captain Slow

Unsere neue Verteidigungsministerin fliegt also nach Afrika und lotet neue Einsatzgebiete für die Bundeswehr aus. Die Truppe, die schon unter Franz Josef Strauß als bedingt abwehrbereit galt und heute nur noch ein Auffangbecken für Sozialversager ist.

Zunächst sollte die Armee nur familienfreundlicher werden. Elternzeit in Afghanistan? Die Idee war wohl noch nicht wirklich zu Ende gedacht. Sei es drum. Frau von der Leyen war da noch ganz frisch im neuen Amt und hatte wohl noch das alte Ressort im Kopf. Ältere Menschen stellen sich eben nicht so schnell auf neue Situationen ein. Es sei ihr nachgesehen.

Aber warum soll die Bundeswehr denn bitte neue Einsatzgebiete erschließen? Wir erfahren doch jedes Jahr wieder von dem Wehrbeauftragten, wie katastrophal es um die Ausrüstung der Armee steht. Neue Anschaffungen gehen stets in die Hose. Ketzerisch gefragt: Wie sollen die Herren und neuerdings auch Damen der Truppe denn überhaupt nach Afrika kommen? Mit einer Transall von 1967? Ich schlage Ryanair vor. Die haben Erfahrung mit haarigen Landungen unter Extrembedingungen.

Wenn da finanziell nichts zu holen ist und die Bundeswehr das auch eigentlich nicht hinkriegen kann, warum ist unserer Regierung dann neuerdings so daran gelegen, auf den Schlachtfeldern der Welt mitzumischen? Die Antwort ist einfach: Wir sind wieder wer. 1954 reichte dafür noch ein Weltmeistertitel. Aber jetzt geht es um die große Nummer. Vorbei die Zeiten, als der jeweilige Bush pfiff und nur der englische Pudel „Sitz“ und „Fass“ machte. Nebst ein bis zwei baltischen Staaten, die sich einschleimen wollten, aber gar keine Armeen hatten, weil der Ivan ihnen das Kriegspielen im Kalten Krieg verboten hatte. Danach kam der Arabische Frühling und die Franzosen engagierten sich militärisch. Das nagt an der deutschen Seele. Ausgerechnet die Franzosen, die doch jeden Krieg verlieren, sich hinterher aber als Sieger feiern. Kann doch nicht sein. Und Libyen war natürlich die Krönung. Da griffen – festhalten – die Italiener ein, weil der lüsterne Monarch vom Tiber dort Bankeninteressen sah. Italiener in Nordafrika? Da war doch mal was. Und das ohne uns? Jetzt ist es vorbei! Jeder weiß, dass ein italienischer Panzer nur einen Vorwärtsgang, aber vier Rückwärtsgänge hat. Die düsen rückwärts durch die Wüste und Westerwelle wünscht von ferne gutes Gelingen? Wie würde Gerhard Schröder sagen: Da machen wir was!

Aber jetzt kommt natürlich die deutsche Krux: Es muss immer alles gerecht zugehen, mit der UNO abgestimmt sein und man darf niemals aus anderen als altruistischen Gründen handeln. Deshalb muss bei jedem Staatsbesuch eines deutschen Regierungschefs bei Putin streng hinterfragt werden, ob dort auch die Einhaltung der Menschenrechte ausreichend angemahnt worden ist. Ich wette, dass Putin das immer sehr niedlich findet. Und natürlich China. Ganz besonders dort muss Frau Merkel die deutschen Standpunkte betreffend Menschenrechte und Meinungsfreiheit einfordern. Macht das so, wie wir es für richtig halten, sonst... tja. Was sonst? Sonst verkaufen wir Euch nicht mehr die Maschinen und Premiumautos, auf denen unser Wohlstand aufgebaut ist? Na klar. Weil wir ja dämlich sind. Sind wir nicht! Und das wissen die Chinesen auch. Was für ein Unsinn wird da eigentlich von unserer linksintellektuellen Elite verlangt, die 1968 schon die Welt verstanden hat und deshalb seit 45 Jahren nicht mehr nachzudenken braucht?

Wo sollen wir also eingreifen und wo nicht? In Syrien offenbar nicht. Da hat Herr Putin was gegen. Also Finger weg. Libyen wäre gegangen. Afghanistan? Da sind wir ja schon. Läuft super. Blühende Landschaften. Hätten wir mit in den Irak einmarschieren sollen? Also ein brillanter Sieg der Freiheit sieht anders aus als Bagdad 2014.

Wie kommen wir eigentlich auf die Idee, dass wir anderen Kulturen unsere Lebensweise beibringen müssen? Über die syrische Opposition regt man sich jetzt auf, weil da islamische Fundamentalisten auf Seiten der Opposition mitkämpfen. In Ägypten hat zwischenzeitig die Muslimbruderschaft das Regime übernommen, bis ausgerechnet das Militär wieder an die Macht kam. Ja und? Was sonst würde denn dort passieren? Das alte System wird gestürzt, es bilden sich öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Presse- und Meinungsfreiheit manifestieren sich in einer modernen Verfassung? Eine Demokratie nach westlichem Vorbild wird installiert und behauptet sich? Ein Wirtschaftswunder, das seinesgleichen sucht, überschwemmt das Land mit Wohlstand? Das hat einmal in Westdeutschland funktioniert und wir sollten dafür ewig dankbar sein. Es passiert aber nicht in Nordafrika, nicht im Nahen Osten und auch sonst nirgends.

Mein Vorschlag für die Krisengebiete dieser Welt: Raushalten. Die Grande Nation, die an sich immer sehr stolz auf ihre Armee ist, zieht nach neuesten Meinungsumfragen die Einsätze in Zentralafrika stark in Zweifel. Die Mehrheit der Franzosen ist demnach der Ansicht, es sei Sache der Afrikaner, die Probleme zu lösen. Der Verteidigungsminister der USA, Chuck Hagel, hat gerade erklärt, dass Amerika sich seine Streitkräfte nicht mehr leisten kann. Sie werden verkleinert, die USA ziehen Truppen aus den Krisengebieten ab und werden sich zukünftig nicht mehr als Weltpolizist betätigen.

Selbst die Amerikaner haben also endlich kapiert, was Sache ist. Aber Frau von der Leyen sucht neue Betätigungsfelder für die Bundeswehr. Man könnte verrückt werden.

Captain Slow






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