Stets kritisch

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Mittwoch, 29. Januar 2014

Pädagogisch wertvoll?



Pädagogisch wertvoll? - Von Philipp Heine

Seit meinen Kindheitstagen sind nun einige Jahre ins Land gegangen und vieles hat sich geändert. Wenn Sie sich jetzt denken, dass ich sicherlich die 40 überschritten habe und langsam senile Nostalgie entwickle, dann haben Sie vermutlich recht. Es ist aber nicht alles schlechter geworden: Das Fernsehen hat jetzt mehr Programme, auf die sich das stabil gebliebene Qualitätspotential gleichmäßig verteilt, die alten Nazis sind weggestorben und haben den neuen Platz gemacht, die aber nicht mehr ihren Namen buchstabieren können, viele unsinnige Tabus sind verschwunden und das Angebot an internationaler Küche und Entertainment ist rasant gewachsen. 

Betrachte ich die heutigen Kinder, dann fällt mir auf, dass sie sauberer sind, niedlicher und bunter gekleidet sind und keinen Topfschnitt mehr haben. Neulich hat mein zehnjähriger Neffe zu Weihnachten Spielsachen von Playmobil geschenkt bekommen, die er sich gewünscht hatte. Als ich das hörte, war ich erfüllt von einem warmen Gefühl der freudigen Erinnerung und dachte, dass die neue Generation tatsächlich da weitermacht, wo ich einst aufgehört hatte. Doch dann sah ich, was er sich gewünscht hatte: den Bauernhof und den Zoo. Wenige Tage später betrachtete ich in einem Spielzeuggeschäft, welche Alternativen es noch gegeben hätte: Den Rettungshubschrauber, das Krankenhaus, die Schule, den Tierarzt und das Sportboot. Wo sind die Piraten, Ritter, Soldaten und Cowboys geblieben? Wo die Gewehre, Pistolen, Kanonen und Säbel, mit denen ich einst hochspannende Gräueltaten im Dreck des Gartens veranstaltete? Spielen Kinder heute in der sauberen Wohnung, wie man freundlich zu Mensch und Tier ist? Eine Welle von Panik und Mitleid überkam mich und ich beschloss, die kindliche Lebenswelt von heute genauer zu betrachten. 
 
In meiner eigenen Kindheit sind zwei weitere Elemente von besonderer Wichtigkeit gewesen, die auch heute noch allgegenwärtig sind: Die Sesamstraße und die Drei ???-Hörspiele. Ich muss gestehen, dass ich letztere bis heute höre und sämtliche Folgen konsumiere. Analysiert man diese, stellt man eine Tendenz fest: Die Dialoge sind freundlicher und kindgerechter geworden. Die Kinder sind deutlich weniger Gewalt ausgesetzt und bekommen eine Sprache serviert, die von schweren Fremdwörtern und komplexen Begriffen gereinigt ist. Sollte doch einmal ein potentiell unbekanntes Wort auftauchen, wird es sogleich erklärt. Wo in der alten Zeit Henning und Lilo anzügliche und satirische Bemerkungen in den Zwiegesprächen versteckten, da wird heute von harmlosen und kantenfreien Jungpädagoginnen Harmonie und heile Welt verbreitet. Gleiches gilt auch für Kinderbücher. Die fünf Freunde jagen keine Gangster mehr. Stattdessen hoppeln freundliche Meerschweinchen, Hasen und Pferdchen durch die Welt und arbeiten an ihrer Empathie. Tom und Jerry würden heute nicht mehr gedreht.
 
Zusammengefasst kann man sagen, dass den Kindern weniger zugemutet wird. Gewalt wird tabuisiert, wo auf das Prädikat „pädagogisch wertvoll“ achtgegeben wird. Es wird auch mit Argusaugen betrachtet, ob Kinder von Sprache und Inhalt überfordert werden könnten. Es wäre grausam, ein Kind zu zwingen, ein Lexikon aufsuchen zu müssen. Auch beim Spiel wird aufgepasst, dass Schmutz, Bakterien und gefährliche Abgründe vermieden werden.
 
Doch bei einem Großteil der Kinder kommt einmal der Tag, wo die Hormone die Pubertät einzuläuten beginnen. Ihr Naturell flüstert den Jungs ins Ohr, dass jetzt Konkurrenzkampf unter Männern Thema wird. Doch niemand hat sie auf Konflikte und Selbständigkeit vorbereitet. Entsprechend greifen sie auf den Schmutz zurück, den Mama und Papa aus gutem Grund nicht mögen. World-of-Warcraft und japanische Kinder-Mangas übernehmen die Fantasie. Die Darbietung und Gestaltung unfassbarer Grausamkeit ergreift Besitz von den braven Blumenkindern. Diese Erfahrung machen die Kinder jedoch nicht gemeinschaftlich in Matschpfützen, sondern einsam und allein am Computer, der Leid und Konflikt auf eine virtuelle Ebene verbannt. Meist sind von dieser Bedrohung die Jungen betroffen, die oft bis zum Ende der Grundschule kaum mit Männern in Kontakt kommen, an denen sie sich orientieren könnten und die den subjektiven Idealvorstellungen von Lehrerinnen deutlich schwerer entsprechen, als niedliche und angepasste Mädchen. Mädchen passen hingegen hervorragend in das Schema des „pädagogisch Wertvollen“ und können auch dann, wenn sie nicht besonders klug sind, erfolgreich zum Schulabschluss gelangen, solange sie fleißig und nett sind. Gern werden sie später Erzieherinnen, Lehrerinnen oder Tierpflegerinnen und tragen das Erbe weiter. Nur für leitende Positionen  in der freien Wirtschaft fühlen sie sich meist nicht geeignet und sind es vermutlich auch nur bedingt. Für solche Posten braucht es die Fähigkeit und den Willen, sich in Konflikten durchsetzen zu können. An der Mentalität der neueren Generation von Managern und Führungskräften wird deutlich, dass sie ihre sozialen Kompetenzen bereits im Umgang mit Ego-Shootern gelernt haben.

Ich wünsche Ihren Kindern, dass sie eine Knallplätzchenpistole zum Geburtstag bekommen und regelmäßig komplett verdreckt heimkommen.

Philipp Heine

Dienstag, 28. Januar 2014

Von Funktionär und Selbstverpflichtung



Von Funktionär und Selbstverpflichtung - Von Philipp Heine

In der westlichen Welt der Demokratie und Marktwirtschaft haben sich die Menschen an Frieden und relative Freiheit gewöhnt. Auch wenn diese Errungenschaften erst seit recht kurzer Zeit etabliert sind, blickt man auf andere Kulturkreise mit einem süffisanten Lächeln herab, als seien deren Bewohner Höhlenmenschen oder mindestens mittelalterliche Hexenverbrenner. Der Vatikan ist Sinnbild des Archaischen. Absolutistische Fossilien, die hinter hohen Mauern Weltverschwörungen anzetteln. Ein einsames Relikt aus alter Zeit, jedenfalls bis demnächst die Renaissance des russischen Zarenreichs offiziell anerkannt wird. Doch das kritische Auge des westlichen Gutmenschen, egal welcher politischen Färbung, hat einen blinden Fleck: Den Profisport. 

Dieses finstere Imperium bringt in aller Öffentlichkeit das Schlimmste im Menschen an die Oberfläche, ohne Scham und mit geringer Kritik. Hinter jedem strahlenden Helden der Nation, ob auf Stollen, Skiern, vier oder zwei Rädern, steht ein Verband von Funktionären und Heerscharen von Menschen, die sich im Ruhme anderer sonnen, oder auch nur andere Menschen mit anderen Farben krankenhausreif prügeln wollen. Ich denke, dass man über Fans nicht mehr viele Worte verlieren muss, außer, dass sie ein System am Leben erhalten, das ein Pfahl im Fleische des modernen Rechtsstaates ist. In einigen Ländern, die kurioser Weise oft zu den Steuerparadiesen dieser Welt zählen, gibt es große Gebäude, aus edlen Materialien erbaut und in idyllischer Lage. Vor diesen Gebäuden steht ein erstaunlich großer Prozentsatz sämtlicher existierender Autos der höchsten Luxusklasse. Diese Häuser sind die Sitze von Weltverbänden. Fußball, Radsport, Formel 1, Olympische Spiele, Variationen eines Themas. In jedem dieser Hauptquartiere gibt es eine Art Thronsaal, in dem stets ein alter Mann residiert. Hier werden Milliarden bewegt, Politik von der lokalen bis zur globalen Ebene beeinflusst und unschuldige Mägdelein ihrer Bestimmung zugeführt. Niemand wird genötigt, irgendetwas zu begründen oder transparent zu machen. Oasen des wirtschaftlichen Hedonismus. Wie schon zu Schulzeiten geht es ja nur um Sport, also ein Nebenfach. Der Sport gehört aber zu den wenigen Begebenheiten im Leben, die eindeutige Sieger und Verlierer kennen. Hier gibt es Klarheit, Ruhm, Ehre und Drama. Der Ausgleich und das Alibi für eine langweilige und überregulierte Welt. 

Kaum ein Politiker würde sich an so etwas vergreifen, zumal erfolgreiche Politiker den Geschmack der Droge Macht auf der Zunge kennen. Für jeden Volksvertreter ist klar, dass am Sport und seiner Rezeption die Stimmung der Nationen hängt. Nichts wirkt sympathischer, als den Jungs in der Mannschaftsumkleidekabine zum Sieg zu gratulieren, besonders wenn man selbst Ausrichter der großen Spiele ist. 

Der Hauptgewinn unter allen Sportveranstaltungen sind die Olympischen Spiele. Neben Gladiatorenkämpfen waren sie bereits in der Antike probates Mittel, unzufriedene Untertanen in fahnenschwingende Freudenchorsänger zu verwandeln. Je despotischer und schlechter das Regime, desto spektakulärer die Spiele. Der griechische Geist der Spiele hat sich seither nur partiell gewandelt: Die Athleten sind heute bekleidet und dürfen sich nicht mehr gegenseitig verletzen (Gymnastik heißt wörtlich übersetzt „nackt etwas tun“. Beim Pankration versuchte man boxend und ringend, sich gegenseitig die Extremitäten zu brechen und sonstigen Schaden anzurichten). Doping und Bestechung sind jedoch als tief verwurzelte griechische Tradition geblieben. Das altgriechischste Element der Spiele, die Entzündung des Olympischen Feuers mit nachfolgendem Fackellauf, wurde übrigens 1938 von Hitlers Propaganda-Abteilung erfunden und später dankbar beibehalten. 

 Auch die Affinität von undemokratischen Potentaten zu großen Spielen ist geblieben: Während ich dies schreibe, arbeiten tausende von Sklaven und Leibeigenen an den neuen Prachtbauten, die schon bald Kulisse des großen Spektakels sein sollen. Wo sich gestern noch geschützte Arten tummelten, müssen sich morgen bereits Sportler aller Nationen vorsehen, dass sie keine Regenbogenfarben tragen oder sich zu Fragen der sexuellen Vorliebe äußern, da sie sonst wegen Rowdytums in ein sibirisches Fortbildungsresort geschickt werden. Mit anderen Worten, man will der Welt zeigen, wie weltoffen und modern man ist. Auch bei früheren Spielen hat das nur bedingt funktioniert.
 
Fragt man sich nun, was das Olympische Komitee zu seiner Vergabe bewogen hat, so müsste man auch hier ein Rowdy sein, wenn man denkt, dass Gelder  geflossen sein könnten.
 
Ist der westliche Wutbürger nun empört und ruft die Politik um Stellungnahme an, dann empfehle ich auf eine Formulierung zu achten, die bereits im Zusammenhang mit Bankenkontrolle ein verlässlicher Indikator für kreative Lobbyarbeit war: Die Aufforderung an die Übeltäter, dass diese sich gefälligst zur Selbstkontrolle verpflichten, da sonst eine gesetzliche Regelung unausweichlich sei. Maßnahmen, die so sinnvoll sind, wie einen Labrador zu verpflichten, eine Schinkenkeule zu bewachen.
Die Athleten können einem leid tun: Jahrelang spritzen sie sich Kängurublut, vernachlässigen ihre Allgemeinbildung und verzichten für das Training auf jegliche sinnvolle Tätigkeit, nur um dann, am wichtigsten Tag ihres Lebens, instrumentalisiert zu werden. Na ja, die Welt ist eben nicht perfekt.
 
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Verfolgen der großen Spiele. Schauen sie doch auch mal bei Hundekämpfen rein, die sind auch nicht besser.

Philipp Heine

Montag, 27. Januar 2014

Deutschland muss autark werden

Deutschland muss autark werden – von Captain Slow

Autarkie bedeutet, dass eine Volkswirtschaft unabhängig von externen Ressourcen ist. Sprich: Alles was man braucht, hat oder macht man selber. Klappt in einer globalisierten Welt nicht? Wer sagt das denn? China macht es doch vor. Die haben fast alles und wenn Ihnen doch was fehlt, kaufen sie in Afrika und Australien eine Mine. Schlau.

Autarkie als Begriff begegnete mir erstmals im Geschichtsunterricht. Drittes Reich. Nazis. Wenn Deutschland selbst nicht genug Öl hat, holt es sich das in der Sowjetunion. Lebensraum und Sprit im Osten. Okay. Das war eine blöde Idee. Der Ivan ist nicht ohne und spaßt auch nicht. Geht schief und sowas will heute auch keiner mehr. Zum Glück.

Aber die Idee der Autarkie ist nicht vom Tisch. Heute lief auf Arte eine Sendung über seltene Erden. Braucht man für fast alles, was Geld bringt. Smartphones, Tablets etc. Und wer hat 97% des Weltmarktes in der Hand? Klar. Die Chinesen. Schlau, schlau. Mit Erdöl fangen wir nicht an. Deutschland hat da auch keine guten Karten.

Man muss sich aber dennoch keine großen Sorgen um die deutsche Wirtschaft machen. Die sind längst dran. Recyclingverfahren holen die in seltenen Erden enthaltenen Stoffe demnächst einfach aus dem Elektroschrott wieder raus. Lasst die Chinesen graben. Wir holen das Zeug aus den Handies wieder raus und bekommen es für lau. Genial. Erdölressourcen? Wir fahren bald alle elektrisch. Gut, Sigmar Gabriel ist jetzt für die Energiewende zuständig. Keine gute Nachricht. Aber die Franzosen produzieren soviel Atomstrom. Für unsere Autos reicht das locker. Das läuft.

Aber was ist im privaten Bereich? Autarkie ist das Mittel der Wahl, wenn der Staat und die Lebensmittelindustrie uns gängeln und verarschen.

Pestizide im Gemüse? Ich komme aus einem Dorf in Niedersachsen. Da haben manche Leute alles was sie brauchen im Garten. Von Kartoffeln über Kohlrabi bis zum Apfel. Geht nicht? Schmeißt die Geranien weg. Kartoffeln im Vorgarten und Tomaten auf dem Balkon! Lidl go home.

Eine Schachtel Zigaretten für 5 €? Tendenz stark steigend? Mein Großvater hat nach dem Krieg Tabak im Garten angepflanzt. Warum denn nicht? Wenn uns die Regierung eine Tabaksteuererhöhung nach der anderen reindrückt – im Sinne der Gesundheit des Volkes natürlich, ein Schelm wer finanzielle Interessen vermutet – dann produzieren wir den Kram eben selbst!

Kein Gras in Deutschland? Böses Rauschgift? Kein Problem. Ich habe vor Jahren mit einem Freund eine Marihuana-Plantage im Keller seiner Eltern gepflegt. Und als wir im Urlaub waren, haben seine Eltern die Pflanzen für uns gegossen. Da fällt mir ein: Ich sollte nicht dauernd über die 68er lästern. Sie haben auch sehr gute Seiten. Geht nicht auf die Straße zum Demonstrieren, schmuggelt das Dope nicht aus Holland rüber. Das gibt nur Ärger. Zieht das Zeug einfach selber! Samen, Blumentöpfe, Natriumdampflampe. Fertig.

Was werden sie demnächst reglementieren? Alkohol. Da bin ich mir sicher. Es grenzt an ein Wunder, dass da noch keine Regierung rangegangen ist. Ich denke es liegt an der EU. Aus der Richtung kommt es meist. Da haben aber die Franzosen was zu sagen. Und die wissen einen guten Tropfen zu schätzen. Aber selbst wenn sich das politische Klima ändert: Egal! Haben wir alles schon durchexerziert. Wein macht man ganz einfach selbst. Im Internet das Anfängerset namens „Weinfreund 30 Liter“ bestellt und der Rest geht wie von selbst. Das ergibt 30 Liter 1a Obstwein (11%), der super schmeckt und kaum was kostet.

Frei nach JFK: Do not ask what your country is doing to you, ask what you can do yourself!

Captain Slow




Sonntag, 26. Januar 2014

Warum Alkohol gesund ist

Warum Alkohol gesund ist – von Captain Slow

Alkohol ist ungesund. Das gilt Vielen als unumstößliches Gesetz. Dann kommen Ärzte und nehmen die sogenannten Genusstrinker in ihre Arme. Rotwein und Bier sind demnach tatsächlich gesund. In Maßen genossen. Wunderbar! Dem will man sich doch anschließen. Ein böses Erwachen folgt: Diese Apostel der moderaten Freude rechnen Bier und Wein nicht in Liter und Flaschen, sondern in „Alkoholeinheiten“. Eine Alkoholeinheit ist genau ein Glas. Mit anderen Worten: Ein vielversprechender Anfang. Aber genau nicht mehr. Und das weiß man seit der Schulzeit: Wenn es mit Einheiten losgeht, hört der Spaß auf. Physikalische Einheiten, Lerneinheiten, Deutsche Einheit.

Mengenkontrolle ist angesagt. Freude in reglementierten Portionen. Prost.... aber nur einmal. Ein Glas Rotwein. Für das Herz. Also das Organ. Nicht im übertragenen Sinn. Alles ganz vernünftig. Der Abend ist noch jung? Macht nichts. Vielleicht noch eine Selter. Und morgen könnten wir uns schon wieder auf ein Glas treffen. Ein Glas. Als ich jung war, war „ein Glas Wein trinken“ ein Synonym für „Mal schauen was der Abend noch bringt, jedenfalls hoch die Tassen“. Es gab dann großartige, fast philosophische Weisheiten, die untereinander ausgetauscht worden sind: „Prost, so jung kommen wir nicht wieder zusammen.“ Wer wollte diese Theorie in Zweifel ziehen? Oder es wurden männliche Verbundenheitsbekundungen ausgetauscht: „Ich bin sehr zufrieden mit uns“. Oder gar: „Mit Dir trinke ich am liebsten“. Die gute alte Zeit. Das geht heute natürlich alles nicht mehr. Heute müsste man sagen: „Mit Dir genieße ich meine Alkoholeinheit am liebsten“. Tut aber niemand. Warum auch? Ein Glas ist ja nur der Anfang. Aber wenn der Anfang auch das Ende ist, wird dies gemeinhin als fatal bezeichnet.

Was ist passiert? Die Vernunft setzt sich durch. Aber es nicht nicht die Vernunft, die Kant im Sinn hatte. Es ist das, was Menschen Vernunft nennen, wenn sie sich Regeln unterwerfen, die einem langen, gesunden und geregelten Leben zuträglich sein sollen. Body-Mass-Index. Work-Life-Balance. Nicht zu viel Fleisch, kein Nikotin. Nicht zu viel Arbeit. Früh ins Bett, genug Schlaf. Kein Stress bitte, mein Nachbar hat schon Burn-Out. Ich habe Angst, dass das ansteckend ist. Ist ja eine Krankheit. Man weiß es nicht.

Werden diese Prediger des Moderaten nun alle ein langes Leben haben? Ich fange jetzt nicht mit dem alten Kalauer an, nach dem deren Leben nicht lang ist, es ihnen nur schrecklich lang vorkommt. Ich versteige mich in eine ganz andere Theorie: Entscheidend für ein langes Leben sind nicht die konsumierten Alkoholeinheiten und die geschlafenen Stunden. Entscheidend sind Freude und Spaß. Jawohl! Spaß. Eines der schönsten Worte der deutschen Sprache. Nur die Deutschen schaffen es, an sich wunderbare Zustände in ein schlechtes Licht zu rücken. Unterhaltungsmusik etwa. Was ist schlecht daran, unterhalten zu werden? Nein. Das ist zu banal. Nicht intellektuell. Oder die Spaßgesellschaft. Um Gottes Willen! Das haben die Grünen uns bereits erklärt. Weil sie so unfassbar klug sind. Konsumterror. Freude an schönen Dingen. Das ist Terror.

Freude spendet Leben. Ich rede nicht dem ständigen Vollsuff das Wort. Ich meine nicht, dass wir uns 2 Schachteln Zigaretten täglich reinpfeifen sollten und uns nur noch von Currywürsten ernähren müssen. Das wäre schließlich alles andere als spaßig. Aber wir müssen uns wieder darüber bewusst werden, dass Freude unabhängig von ärztlicher Meinung und umweltpolitischer Propaganda nicht nur die Lebensqualität verbessert, sondern sogar die Gesundheit.

Ein zufriedener Mensch ist ein gesunder Mensch. Ein Mensch mit permanent schlechtem Gewissen ist unglücklich und gestresst. Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Tod.

Gaudeamus igitur. Und ich war nie in einer schlagenden Studentenverbindung. Ich verachte diese Menschen. In keiner studentischen Verbindung war ich je. Dennoch: lasst uns alle fröhlich sein, glücklich sein, lange leben. Feste feiern, wie sie fallen. Sonst werden wir krank und sterben.

Captain Slow


Von der Lebensleistungsrente zur Revolution

Von der Lebensleistungsrente zur Revolution – von Captain Slow

Wir haben also die große Koalition. Und die FDP ist von der Bildfläche verschwunden ins Nirvana der politischen Unbedeutsamkeit. So wie die Piraten. Wobei das das einzige ist, was diese Parteien gemeinsam haben. Die Grünen haben nichts zu melden im Bundestag und die ewig gestrigen bzw. die aktuell dummen der Linken auch nicht.

Die einzige Partei, die sich die persönliche Freiheit der Bürger auf die Fahnen geschrieben hatte, ist also untergegangen, weil sie die eigene Schrift auf der Fahne seit Jahren nicht mehr lesen kann. Aber die linken Besserwisser, die meinen, der grenzdebile Bürger müsse sich jeden Tag aufs neue von einem alles regulierenden Staat das Leben zur Hölle machen lassen, haben keine Macht mehr. Und damit sind Grüne wie Linke gemeint. Es könnte also alles gut werden. Alles wird gut. Mit der Mutti.

Falsch. Jeder Junge weiß spätestens seit seiner Pubertät, dass es mit Freiheit jeder Art Essig ist, wenn Mutti was zu sagen hat! Und Angela macht da keine Ausnahme. Ja es waren Rot-Grün, die uns auf Bundesebene mit dem Dosenpfand bestraften, weil wir alle zu dumm waren und sind, die richtigen Getränkeverpackungen zu kaufen. Die Grünen wettern seit Jahrzehnten über die Ölindustrie, obwohl die dabei sind, ein urgrünes politisches Ziel durchzusetzen: 1 Liter Sprit kostet bald 5 Mark. Jawohl Mark. Muttis rechnen noch in Mark. Meine jedenfalls. Gabriel wollte uns mal wieder ein Tempolimit auf Autobahnen reindrücken und hat damit Steinbrück ins Kreuz getreten, der sich revanchierte. Dennoch. Es sind dennoch vor allem die Grünen, die uns erziehen wollen, weil sie bessere Menschen sind als wir. Und ja, es sind die Linken, die alles verstaatlichen wollen, weil Ex-Kader der DDR mehr von Wirtschaft verstehen, als die Top-Manager der erfolgreichsten Wirtschaftsnation im Euroraum. Wenn nicht der Welt. Darum ist die DDR ja so erfolgreich gewesen. Also wirtschaftlich. Beim Ausspionieren der Bürger war sie sogar besser als die NSA. Ehre wem Ehre gebührt.

Aber das ist kein Grund zur Entwarnung. Wir werden von zwei sozialdemokratischen Volksparteien in einer GroKo regiert! Und wir wissen doch alle was die Sozen verzapfen, wenn man sie nur läßt. 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich usw. Früher war da wenigstens noch ein bürgerliches Bollwerk vor, das das schlimmste verhindern konnte. Selbst als die Sozis an der Macht waren, haben sie Kanzler in die Regierung gewählt, die wußten, wie beknackt ihre eigenen Genossen sind. Schmidt und Schröder. Aber jetzt? Der dicke Hamster aus Hannover und seine kongeniale Gespielin, das Pfannkuchengesicht. Hallo? Erde an SPD: Deutschland wollte schon Euren Steinbrück nicht! Wieviel weniger wollen wir dann Gabriel und Nahles? Es ist nicht zu fassen. Und schon geht es los: Mindestlohn, Rente mit 63. Na klar. Wir haben's ja. Griechenland finanziert sich wie von selbst, der Weltmarktpreis für Zaziki zieht an. Da hat einmal in der Geschichte ein Sozialdemokrat etwas wirtschaftlich sinnvolles gemacht: Die Agenda 2010. Und jetzt? 2010 ist vorbei, jetzt kommt der Ausverkauf 2014. Und die Mutti macht mit.

Der Mindestlohn. Das Herzstück sozialdemokratischer Politik seit einigen Jahren. Ein schönes Wort. Es wärmt das Herz des Genossen. Des Kleinen Mannes. Der etwa bei VW, Ford oder absurderweise bei Opel, die es leider immer noch gibt, mit Nachtschichtenzuschlag 3.000 bis 5.000 € netto nach Hause trägt und 3 mal im Jahr mit Kind und Kegel in den Pauschalurlaub all inklusive fährt. Um dort den Urlaubern aus aller Herren Länder zu demonstrieren, was Dolce Vita im Ruhrpott ist: Sich in Schalketrikot und Schlappen ab 9:00 Uhr morgens bei Bruthitze am Pool den Brägen mit Bier zubrüllen. Das Land der Dichter und Denker.

Also schön. Wenn eine Frisörin für 5 € Stundenlohn arbeiten muss, ist das nicht berühmt. Aber wer sitzt denn da bei Cut & Cash und läßt sich für 5,00 € pauschal die Vo-ku-hi-la stutzten? Josef Ackermann von der Deutschen Bank oder Gewerkschaftsmitglied Dombrowski, der letzten Montag noch mit Trillerpfeife und Verdi-Fahne auf der Strasse für gerechte Löhne krakeelt hat? Gerechte Löhne? Ja klar! Aber mit gerechten Preisen. Da fängt es an. Und da hört es auch schon auf. Rumkrakeelen jederzeit. Aber wenn es an das eigene Portemonnaie geht, ist der Deutsche sich selbst der nächste. Was bringt aber ein Mindestlohn, wenn dessen Kosten nicht erwirtschaftet werden? Genau: Stellenabbau, ALG2. Denkt in diesem Land keiner mehr eine Idee zu Ende?

Aber wir müssen nicht allen Mist auf den Sozen abladen. Von denen hätte man es ja nicht anders erwartet. Insofern Fair Play. Aber was bitte ist denn die „Lebensleistungsrente“ der Frau von der Leyen? Es ist also eine Lebensleistung, ein Kind zu kriegen? Donnerwetter. Wenn Frau Krawuttke aus Frankfurt/Oder 1993 mit 16 Jahren begann, einen schiefen Bankert nach dem anderen in die Welt zu werfen, ohne einen Schulabschluss oder eine Ausbildung ihr eigen zu nennen, seitdem von ALG 2 lebt und die 2. Generation Krawuttke den Kreißsaal einer Lehranstalt bereits ebenfalls vorzieht, dann ist das eine Lebensleistung? Weil die Leistung schon darin besteht, überhaupt am Leben zu bleiben und sich nicht von Papa Krawuttke eins mit der Dachklatte nucken zu lassen, weil das Bier mal wieder aus ist und die Stütze alle? Na gut, da war Frankfurt/Oder jetzt ein schlechtes Beispiel. Aber es gibt ja auch lebenswerte Städte in Deutschland. Lebensleistungsrente ist, wenn Menschen, die heute unter 40 sind, im Alter keine Rente mehr bekommen und sich das Leben nicht mehr leisten können. Weil die Schlaumeier in Berlin die Kohle anderweitig verballert haben.

Was also ist zu tun? Revolution, möchte man meinen. Aber das ist ja mit den Deutschen eigentlich nicht zu machen. Jedenfalls nicht, wenn es einigermaßen stilvoll und cool ablaufen soll. Eine Pseudorevolution hatten wir ab 1968. Da haben schlecht rasierte Lehramtsstudenten sich in Sitzkreisen Mao vorgelesen und dabei eine Ideologie entwickelt, die letztlich dazu dienen sollte, Frauen die sexuelle Freizügigkeit einzureden, damit man sie reihenweise flachlegen kann. Respekt dafür. Aber jetzt sitzen sie mit Birkenstocklatschen in Reihenhäusern deutscher Komponistenviertel. Oder im Bundestag. Also alles Käse.
1989 der Fall der Mauer. Ich bitte Sie! Diesmal waren die nicht nur schlecht rasiert, sondern zudem schlecht angezogen. Trafen sich in Kirchen und rannten danach auf die Straße um zu erklären, dass sie das Volk sind. Natürlich seid Ihr das Volk! Was denn sonst? Das wusste selbst Honecker! Wo der Franzose Straßenzüge in Brand setzt, diskutiert der Deutsche in Sit-Ins und Kirchen. Also das wird nichts.

Es gibt nur die Hoffnung, dass es bald wieder eine liberale Kraft gibt, die diesen Namen verdient. Eine liberale Kraft, die freiheitliche und marktliberale Kräfte vereinigt und eine solche Politik durchsetzt. Das wäre nach derzeitigem Stand auch eine Revolution. Ohne Bart.

Captain Slow


Donnerstag, 23. Januar 2014

Die Mystik des Warum-Schildes



Die Mystik des Warum-Schildes - Von Philipp Heine


Während es in Zeichentrickfilmen, Büchern oder Hörspielen für Kinder zunehmend anrüchig wird, Gewalt darzustellen, scheinen die Nachrichtenmedien den genau gegenteiligen Weg zu beschreiten. Ein Geschehen wird erst zur Nachricht, wenn es erstens unvorstellbar grausamer Art ist und zweitens im bewegten Bild festgehalten wurde. Andere Mitteilungen haben nur dann eine Chance auf Schlagzeile, wenn irgendwie ein Zusammenhang zum Klimawandel konstruierbar ist.
 
So kommt es also, dass ich meine Arbeitstage gern bei der behaglichen Kombination von Snacks und Kindergartenmassakern ausklingen und Hektoliter von Blut an meiner Couch vorbeiplätschern lasse. Dabei hat es ein besonderer Gegenstand aufgrund seines wiederholten Erscheinens geschafft, bis in meine bewusste Wahrnehmung vorzudringen: Das Warum-Schild. Kurioser Weise stehen zahllose Reporter, die vom Schauplatz schrecklicher Unfälle, Morde, Selbstmorde oder Amokläufe berichten direkt vor oder neben einem anscheinend obligatorischen Arrangement aus Blumen, Kerzen, Teddybären und Schildern mit der Aufschrift „Warum?“. Nicht ganz zufällig frage ich mich „warum?“.
 
Wo kommen diese Schilder her? An wen wenden sie sich? Welche Vorstellungen von der Welt liegen der Schilderproduktion zu Grunde? Diesen Fragen möchte ich mich nun zuwenden.
 
Wenn es darum geht, die Urheber der Schilder zu finden, kommen verschiedene Verdächtige in Frage: Zunächst denkt man an die nahen Angehörigen derer Personen, die zu Schaden gekommen sind. Aber ist es denkbar, dass die erste Reaktion auf den vor wenigen Minuten eingetretenen Tod eines geliebten Menschen der Drang sein kann, Kerzen und Teddies zu besorgen und ein Warum-Schild anzufertigen? Ich zweifele daran. 

Die Nächsten in der Reihe der Verdächtigen sind die Reporter. Wäre es möglich, dass in jedem Ü-Wagen eine geheime Kiste mit Grablichtern und Schildern steht, die den Verkehrswert einer emotionalen Reportage in die Höhe treiben soll? Ein Gedanke, den ich nicht wirklich zu den Akten legen kann. 

Weiterhin kommen auch Schulklassen in Frage, die von den Emotionen altruistischer Lehrerinnen zur massenhaften Schildermalerei gepeitscht werden. Bei der kurzen Zeit, die oft zwischen dem Unglücksfall und dem ersten Erscheinen von Warum-Schildern vergeht, sollte man überprüfen, ob deutsche Religionslehrerinnen den Polizeifunk abhören, wenn diese Theorie zutreffen sollte. 

Schließlich muss auch an die Vertreter der freien Wirtschaft gedacht werden, die ein neues Marktsegment erschlossen haben könnten. Gibt es einen Fachhandel für Tatortdekoration? Für mich bleiben die Pressevertreter die Hauptverdächtigen.
 
Wende ich mich der Frage nach dem Adressaten der Schilder zu, komme ich sehr schnell zu der Feststellung, dass es sich um ein rhetorisches Warum handeln muss. Auf der Grundlage von langjähriger Erfahrung kann ich sagen, dass weder von dem verstorbenen  Opfer, dem flüchtigen oder verhafteten Täter, Jesus, Gott oder einem vollbärtigen Medienpsychologen eine vernünftige und explizite Antwort zu erwarten ist. 
 
Ich bin auch überzeugt, dass der Autor des Schildes kaum eine wahrhaftige Beantwortung seiner Frage wünschen kann. Wer möchte schon im Moment der Trauer Sätze hören wie „Weil er ein schlechter Autofahrer war.“, oder „Weil sie komplett mit Drogen zugedröhnt war.“, oder „Weil ich ein schlechter Schütze bin und er neben dem Arschloch stand, das ich gemeint habe.“?
 
Das Warum ist also keine echte Frage, sondern ein Statement, das entweder Solidarität mit den Betroffenen oder Solidarität mit den Einschaltquoten ausdrücken soll.
Trotzdem finde ich die Grundhaltung, die die Anfertigung eines Warum-Schildes bedingt, interessant.
Das empörte Einfordern einer Begründung für Tod und Leid setzt voraus, dass von einer Harmonie und Gerechtigkeit in der Welt ausgegangen wird, die als versprochene Norm angesehen wird. Ich frage mich, welche beobachteten Tatsachen zu einer solchen Einstellung geführt haben könnten. Sollte der Adressat des Schildes Gott sein, dann handelt es sich bei dem Schildbürger um einen Mystiker, der in ein Zwiegespräch mit dem Schöpfer eingetreten ist, um dessen augenscheinliche Willkür mit einem Bann zu belegen. Allerdings ist es in Deutschland wahrscheinlicher, dass sich das Schild an die staatliche Obrigkeit richtet, die in ihrer Allmacht und ihrem göttlichen Ratschluss verantwortlich für jegliches Leid in der großen Herde hilfloser Bürger ist.
Komischerweise stehen jedoch keine Warum-Schilder vor dem BER oder der Elbphilharmonie. Wahrscheinlich, weil ihr Tod sich zu langsam und kleinschrittig vollzieht und das Klima nicht direkt betroffen ist.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in den nächsten Jahren nur medialen Warum-Schildern ausgesetzt werden!


Philipp Heine