Stets kritisch

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Donnerstag, 13. August 2015

Wellness für den einfachen Geist

Wellness für den einfachen Geist - Von Philipp Heine

Die wahre Revolution, die sich in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat, besteht darin, dass sich die nordwesteuropäische Kultur unzumutbarer Schikanen entledigt hat, die ihre Bewohner seit jeher von Kindesbeinen an gequält und gedemütigt hat.  Zu diesen zählt an oberster Stelle die Bildung. Wider allen Warnungen von Psychologen, Experten und Politikern wurden zahllose unschuldige Kinder von den Brüsten der Mütter gerissen und unter Androhung von Strafen genötigt, unpraktische Tätigkeiten, wie etwa Lesen, Auswendiglernen, Schreiben oder das Erfassen naturwissenschaftlicher oder historischer Zusammenhänge auf sich zu nehmen. Wie wenig kindgerecht konnte es sein, kleine Menschen in die Form kleiner Erwachsener zu pressen?  Die Kindheit wurde erbarmungslos verdrängt. Statt glockenheller Stimmchen, die lachen und spielen, nur Tränen und Indoktrination im Frontalunterricht. Doch auf leisen Sohlen kam die Erlösung: Das Internet und die neuen Medien brachten die Erkenntnis, dass sperrige Bildung weder den Ansprüchen der Wirtschaft noch der kindlichen Seele entspricht. Viel praktischer und verdaulicher als Bildung war die Information. Es galt also, den Kindern zu sagen, wie sie liebe Kinder seien, damit sie dann selbstständig aus dem Strom der Informationen wählen können, was gut und wichtig für sie ist. So funktioniert basisdemokratische Pädagogik. Für die devianten Kinder, denen es an genügender Selbstständigkeit ermangelte,  wurden humanistische Alternativen, wie etwa Integrationsklassen, Inklusionsklassen oder Ritalin dargeboten. Endlich musste nicht mehr gefragt werden, wozu man jenes Wissen und all jene Zusammenhänge jemals im Alltag oder bei der Arbeit gebrauchen könne. Statt der täglichen Neuerfindung des Rades muss nur noch der Hahn geöffnet werden, und die benötigte aktuelle Information fließt heraus. Bei all dem Wissen, das sich im Laufe der Jahrtausende angesammelt hat, kann keinem Menschen mehr zugemutet werden, alle Zusammenhänge und Hintergründe kennen zu müssen. Zu diesem Zweck gibt es professionelle Fachleute. Viel wohltuender für den Menschen ist es, ihm einfache Strukturen, leichte  Entscheidungen und eine auf den Punkt gebrachte Übersetzung all der komplizierten Fachbegriffe zu liefern. Fernsehen und die neuen Medien sind die idealen Mittel zu diesem Zweck. Bildung ist die intellektuelle Selbstbefriedigung einer aussterbenden Elite. Einem wahren Demokraten muss klar sein, dass Gleichheit und Bescheidenheit auch auf geistiger Ebene notwendig sind.

In der politischen Landschaft Europas wurden die Zeichen der Zeit von verschiedenen Parteien erkannt. Grauzonen und Komplexität wurden als Ausreden entlarvt, die von der alten Generation vorgebracht wurden, um sich vor der praktischen Umsetzung der moralischen Verantwortung zu drücken. Entweder man ist für die Umwelt, oder dagegen. Entweder man ist für soziale Gerechtigkeit, oder dagegen. Entweder man erkennt, dass Migranten eine Bedrohung der abendländischen Kultur sind, oder man weiß, dass jeder Flüchtling aufgenommen werden muss, wenn man kein Nazi sein will. Gerechtigkeit ist eindeutig!

Eindeutigkeit ist zudem der Treibstoff einer neuen abenteuerlichen Welt, in der wieder für das Gute gekämpft werden kann und muss. Opposition ist keine Alternative, sondern ein moralisch zutiefst verwerflicher Gegner. Die Presse, die verkompliziert oder die Meinung des Gegners vertritt, muss lügen, da es nur eine Gerechtigkeit und eine Wahrheit geben kann. Verständlichkeit und Eindeutigkeit öffnen auch der höchsten Form der Demokratie, nämlich der direkten Demokratie Türen und Tore. Jeder kann bald alles mitbestimmen. Der Gipfel der politischen Evolution ist erreicht. Wir leben in einer Zeit, die wieder viel Energie erzeugt. Ein Geist des Aufbruchs ist da, gegen die Zwänge des Althergebrachten. Es ist eine Zeit für neue Bewegungen und Ordnungen. Ein Kribbeln ist zu verspüren, das ein wenig an 1932 erinnert.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie zu den Leuten gehören, die die Fremdwörter verstehen konnten.


Philipp Heine

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